Samstag, 1. Februar 2025

CHF 150 | 110 | 50 | 30.-

A. Vivaldi
Concertos extraits de l’Estro Armonico op. 3 :
Concerto n° 1 en ré majeur, RV.549
Concerto n° 5 en la majeur, RV.519
Concerto n° 6 en la mineur, RV.356
Concerto n° 8 en la mineur, RV.522
Concerto n° 10 en si mineur, RV.580
Concerto n° 11 en ré mineur, RV.565
Concerto n° 12 en mi majeur, RV.265

Unter der Patronage von

Präsentation des Konzerts

Vivaldi: Konzerte aus L’Estro Armonico Op. 3

Im Jahr 1711 hatte Antonio Vivaldi bereits einen soliden Ruf als Komponist aufgebaut und war an mehreren europäischen Höfen anerkannt. Doch der grosse Ruhm blieb ihm noch versagt. Sein Name wurde zwar gelobt, war jedoch noch nicht überall bekannt. Die Veröffentlichung seiner ersten Konzertsammlung im selben Jahr – nach zwei Sonatensammlungen – veränderte dies grundlegend. Herausgegeben vom berühmten Verleger Estienne Roger in Amsterdam, erlangte L’Estro Armonico, das dem Prinzen Ferdinand III. de’ Medici gewidmet ist, in ganz Europa grossen Erfolg und wurde später in Paris und London neu aufgelegt. Das Publikum bewunderte die rhythmische Kraft, den Glanz und die melodische Vielfalt der Werke. Mehr als ein Jahrzehnt vor Die vier Jahreszeiten wurde Vivaldi berühmt und gebührend gefeiert.

Vivaldis enorme Schaffenskraft bedeutete, dass einige Stücke dieser Sammlung speziell für diesen Anlass geschrieben wurden, während andere aus den Hunderten von Konzerten stammten, die er im Laufe der Jahre komponiert hatte. Um 1710 hatte er seine Stelle am Pio Ospedale della Pietà aufgegeben, wo er jungen Waisen Komposition und Violine beigebracht hatte. L’Estro Armonico erforscht die nahezu unbegrenzten Möglichkeiten von Vivaldis bevorzugtem Instrument in drei Gruppen: vier Stücke für eine Violine, vier für zwei Violinen und vier für vier Violinen, ergänzt durch gelegentliche Einsätze eines Solocellos.

Während der unmittelbare Reiz der Sammlung ihren Erfolg damals erklärt, ist es ihre formale Bedeutung, die die Musikgeschichte prägte. L’Estro Armonico definierte das Solokonzert und setzte es vom Concerto grossoab, das im späten Barock dominierte. Im Concerto grosso tritt das Orchester in einen Dialog mit einer Gruppe von Solisten – dem Concertino. Vivaldi reduzierte dieses Concertino häufig auf ein einziges Instrument und wurde so zum Pionier dieser neuen Form. Auch wenn er vielleicht nicht der allererste Komponist von Solokonzerten war, ist er doch unbestreitbar der Wegbereiter, der diesen neuen Kontrast mit einer bald klassischen Struktur verband: einem langsamen Mittelteil, eingerahmt von zwei schnellen Sätzen. Der Musikwissenschaftler Michael Talbot bemerkte, dass die heute Abend gespielten Werke «die einflussreichsten der gesamten Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts» sind.

Dieser Einfluss zeigt sich in Johann Sebastian Bachs Bearbeitungen von Vivaldis Werken – mehr als bei jedem anderen Komponisten – für Aufführungen mit seinen Söhnen oder seinem Freund Telemann im Leipziger Café Zimmermann, einer heute verschwundenen Taverne, in der Frauen an Musikabenden zugelassen waren. Eine der erstaunlichsten Transkriptionen ist Bachs Umwandlung von Vivaldis berühmtem Konzert für vier Violinen Nr. 10 in das unsterbliche Konzert für vier Cembali. Manche behaupten, Vivaldi verdanke seine Bekanntheit Bachs Begeisterung für sein Werk, das im 19. Jahrhundert durch diese Transkriptionen wiederentdeckt wurde. Diese Sichtweise ist jedoch zu kurz gegriffen: Vivaldi ist nicht wichtig, weil Bach ihn bearbeitet hat; Bach hat ihn bearbeitet, weil Vivaldi wichtig ist.

Der Titel dieser Sammlung spiegelt ihren theoretischen Anspruch wider – das Wort estro, das Inspiration, Geist und Fantasie verbindet, hat keine echte Entsprechung in anderen Sprachen. Angesichts dieser zwölfstufigen Harmonischen Eingebung drängt sich ein Vergleich mit einem anderen Titel auf: Bachs Das wohltemperierte Klavier, das ebenfalls die Grenzen zwischen Konzept und Freude, Geist und Vergnügen verwischte. Hier wie bei Bach wird die Partitur zu einem Experimentierfeld. Jedes Stück erfindet seine eigenen Lösungen und seine eigene Sprache, sodass die allgemeine Brillanz nie die Individualität oder die innere Tiefe der Musik überschattet. Die kaleidoskopische, fast räumliche Schreibweise des «Roten Priesters» (Il Prete Rosso) löst ein Staunen aus, das über blosse Schönheit hinausgeht – ein lebensbejahendes und kein düsteres Staunen. Bei Vivaldi trägt das Drama immer eine süsse Note. Welch ein Geschenk!

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