19:30 Eglise de Rougemont
F. Schubert
Sonate pour violon et piano en la mineur, D. 385
W. A. Mozart
Sonate pour violon en si bémol majeur K 454
F. Schubert
Sonate en la majeur, D. 574, « Duo »
F. Schubert
Sonate pour violon et piano en la mineur, D. 385
W. A. Mozart
Sonate pour violon en si bémol majeur K 454
F. Schubert
Sonate en la majeur, D. 574, « Duo »
Birne, Schokolade – Wein, Käse: In der Küche gibt es offensichtliche Harmonien. Die Begegnung von Klavier und Violine erzeugt ebenfalls eine natürliche Harmonie. Es ist, als ob diese nahezu gegensätzlichen Instrumente geschaffen wurden, um einander zu begegnen. Im 18. Jahrhundert war Mozart der grosse Vertreter dieser göttlichen Verbindung, gefolgt von Beethoven. Im Werk Schuberts hingegen gibt es nur vier Sonaten, die Klavier und Violine zusammenbringen, von denen zwei heute Abend gespielt werden. Liegt es an Schuberts lyrischer Obsession, sei es für die menschliche Stimme oder für die eines Instruments? Es ist faszinierend, diese Werke zu hören und sich dabei eine ebenso technische wie philosophische Frage zu stellen: Verschmelzen Klavier und Violine bei Schubert wie im Mythos von Aristophanes, oder begleitet das Klavier vielmehr die Violine bei ihrem Vortrag?
Schubert – Violinsonate in a-Moll, D 385
Ende 1816: Mit neunzehn Jahren hat Schubert bereits einige seiner emblematischen Lieder geschrieben, wie etwa Erlkönig. Dieses Werk gehört zu einem Trio von Sonaten, die in derselben Zeit entstanden, und gilt als die bemerkenswerteste der drei. Bereits in den ersten Takten offenbart die Musik ein perfektes Gleichgewicht zwischen Schubert und Mozart. In der linken Hand das nervöse Schwingen, typisch für den Wiener. In der rechten Hand die himmlischen Sprünge, typisch für den Salzburger. Bei Mozart ist die Beklommenheit ein Sturm, den die Sonne schnell wieder vertreibt. Bei Schubert füllt sie die Seite aus. Doch bei beiden überstrahlt die Anmut des Gesangs jede Demonstration von Virtuosität. Klavier und Violine gehen nebeneinander, aber mit unterschiedlichen Schritten.
Im Andante, einem Lied ohne Worte, hat man das Gefühl, dass unsere Protagonisten ein Kind in den Schlaf wiegen. Während der eine Schmetterlinge und Vögel malt, skizziert der andere einen zarten pastoralen Horizont. Das Menuetto taucht sogleich in eine seltsame Färbung ein. Violine und Klavier drehen sich wie ein Kreisel auf dem Platz eines unwirklichen Dorfes. Das abschliessende Allegro versetzt das Werk im Nu von der Heiterkeit des 18. Jahrhunderts in das nebulöse 19. Jahrhundert. Auf der Welle eines Kontrapunkts endet dieser letzte Satz, getränkt in wechselnden Farben.
Diese Sonate und ihre beiden Schwestern wurden zwanzig Jahre nach ihrer Entstehung posthum unter dem reduzierenden Titel „Sonatinen“ veröffentlicht – wegen ihrer scheinbaren Einfachheit. Ist Einfachheit nicht doch die höchste Kunst?
Mozart – Violinsonate in B-Dur, K 454
Die Geschichte dieses Werks ist romantisch, wie immer bei Mozart. Es wurde auf Wunsch der Geigerin Regina Strinasacchi komponiert und bei einem Konzert in Wien vor Joseph II. uraufgeführt. Der Kaiser, so heisst es, war zunächst perplex, dann erstaunt: Der Komponist, am Klavier sitzend, spielte seinen Part auswendig, da er keine Zeit hatte, ihn niederzuschreiben. Die Anekdote, die wie eine Legende erscheint, wird durch ein Detail bestätigt: Auf dem Autograph der Partitur stehen in zwei verschiedenen Farben die Stimmen des Klaviers und der Violine.
Das Werk beginnt mit einem meisterhaften Präludium, das den Weg zu einem Allegro von kristalliner Ausgewogenheit ebnet – was Alfred Einstein zu der Aussage veranlasste, dass „die Musikgeschichte niemals einen so perfekten Wechsel zwischen Violine und Klavier kannte“. Der Höhepunkt des Stücks liegt im Andante. Ebenso verzweifelt mozartisch wie romantisch vorweggenommen, durchlaufen wir das gesamte Spektrum der Emotionen. Die Solisten teilen sich ein gemeinsames Genie.
Das abschliessende Rondo ist spielerisch, doch Melancholie schwebt über den fernen Nebeln. Dieser letzte Satz enthält mindestens eine Million Ideen.
Schubert – Sonate in A-Dur, D 574, „Duo“
Entstanden zur gleichen Zeit wie die „Sonatinen“, wurde dieses Werk 1851 veröffentlicht und erhielt den Titel „Duo“, da es als ambitionierter galt. Schwierig ist es jedenfalls. Und die Kombination der Instrumente ergibt tatsächlich ein echtes Duo. Das Klavier behauptet bereits in der Einleitung eine unbestreitbare Persönlichkeit, die sich wie ein Tier von Saint-Saëns einführt.
Die mozartsche Tragik wird bald gegen die schubertschen Weltschmerzen eingetauscht: weniger tiefgründig, aber umso eindringlicher. Das aufkommende Scherzo scheint Mozart zuzurufen: „Nun, Beethoven!“ Die Tonalitäten verweben sich in einem exquisiten Dämmerlicht. Das Andantino hat etwas von einer komischen Oper. Die Geister von Pamina und Tamino wandern hindurch. Eine Fülle von Eindrücken – sowohl aus technischer als auch aus lyrischer Sicht.
Das Finale hat sich von den einflussreichen Schatten Mozarts und Beethovens befreit: erschreckend wienerisch, eröffnet es ein endgültiges Territorium.